Der Herbst steht schon wieder vor der Tür, die Temperaturen sinken und die dicken Schals werden aus dem Schrank geholt. Die kühle Jahreszeit öffnet aber wieder einige Zeitfenster zum Lesen – zum Beispiel an einem verregneten Sonntag, Zuhause auf der Couch. Dort kann man gemütlich in eine andere Welt eintauchen, sich einwickeln lassen von spannenden Krimis oder einfach nur träumen mit einem schönen Liebesroman. Die passende Lektüre macht den Herbst gleich viel erträglicher. Noch eine Tasse Tee dazu, und der regnerische Sonntag ist gerettet.
Das Unglück anderer Leute, Nele Pollatschek
Thene, 25, Oxford-Studentin mit Zweitwohnsitz in Heidelberg, lebt eigentlich ihren Traum: mit ihrem Freund im alten BMW zur Lieblingslichtung im Odenwald fahren, Klapptisch aufstellen, lesen, schreiben und ab und an ein Stück Kirschjockel essen.
Leider aber fällt in Thenes Odenwald-Idyll immer wieder ein, was sie nur in kleinen Dosen verträgt: ihre Patchwork-Familie, eine in alle Himmelsrichtungen verstreute ostwestdeutsche Mischpoke. Allen voran: Ihre Mutter Astrid - Weltretterin, Punk, hochmanipulativ und mehr an ihren guten Taten als an ihren Kindern interessiert. Dann Georg, ihr Vater, der eigentlich die bessere Mutter gewesen wäre, wäre er nur nicht ganze fünf Jahre verschwunden, als Thene zehn war. Des Weiteren: Eine Schar von abgelegten Stiefvätern, unter ihnen der jüdisch-orthodoxe Menachem. Und - einziger Lichtblick - Menachems Sohn: Thenes fünfzehnjähriger Halbbruder Eli, Zauberlehrling und begnadeter Kenner von Statistik, Wahrscheinlichkeit und Magie.
Als die Masterverleihung in Oxford ansteht, reist die Familie wie selbstverständlich an. Wer hätte schon ahnen können, dass der Zufall - das Schicksal? Gott? - ausgerechnet hier den Hebel ansetzt, um Thenes Welt aus den Angeln zu heben ...
Dem Horizont so nah, Jessica Koch
Jessica ist jung, genießt das Leben und schaut in eine vielversprechende Zukunft. Dann trifft sie Danny. Sofort ist sie von ihm fasziniert, denn trotz seines guten Aussehens und selbstbewussten Auftretens scheint ihn ein dunkles Geheimnis zu umgeben.
Nach und nach gelingt es Jessica, hinter Dannys Fassade zu blicken und ihn kennenzulernen. Abgründe tun sich auf: Danny ist von Kindheit an zutiefst traumatisiert. Fernab von Heimat und Familie kämpft er um ein normales Leben.
Trotz aller Schwierigkeiten und gegen jede Vernunft entsteht zwischen Jessica und Danny eine innige Liebe. Doch nicht nur Dannys Vergangenheit ist düster, auch seine Zukunft ist bereits gezeichnet. Es beginnt ein Wettlauf mit der Zeit ...
Was man von hier aus sehen kann, Mariana Leky
Selma, eine alte Westerwälderin, kann den Tod voraussehen. Immer, wenn ihr im Traum ein Okapi erscheint, stirbt am nächsten Tag jemand im Dorf. Unklar ist allerdings, wen es treffen wird. Davon, was die Bewohner in den folgenden Stunden fürchten, was sie blindlings wagen, gestehen oder verschwinden lassen, erzählt Mariana Leky in ihrem Roman.
„Was man von hier aus sehen kann“ ist das Porträt eines Dorfes, in dem alles auf wundersame Weise zusammenhängt. Aber es ist vor allem ein Buch über die Liebe unter schwierigen Vorzeichen, Liebe, die scheinbar immer die ungünstigsten Bedingungen wählt. Für Luise zum Beispiel, Selmas Enkelin, gilt es viele tausend Kilometer zu überbrücken. Denn der Mann, den sie liebt, ist zum Buddhismus konvertiert und lebt in einem Kloster in Japan ...
Underground Railroad, Colson Whitehead
Cora ist nur eine von unzähligen Schwarzen, die auf den Baumwollplantagen Georgias schlimmer als Tiere behandelt werden. Alle träumen von der Flucht - doch wie und wohin? Da hört Cora von der Underground Railroad, einem geheimen Fluchtnetzwerk für Sklaven. Über eine Falltür gelangt sie in den Untergrund und es beginnt eine atemberaubende Reise, auf der sie Leichendieben, Kopfgeldjägern, obskuren Ärzten, aber auch heldenhaften Bahnhofswärtern begegnet. Jeder Staat, den sie durchquert, hat andere Gesetze, andere Gefahren. Wartet am Ende wirklich die Freiheit? Colson Whiteheads Roman ist eine virtuose Abrechnung damit, was es bedeutete und immer noch bedeutet, schwarz zu sein in Amerika.
Meine geniale Freundin, Elena Ferrante
Sie könnten unterschiedlicher kaum sein und sind doch unzertrennlich, Lila und Elena, schon als junge Mädchen beste Freundinnen. Und sie werden es ihr ganzes Leben lang bleiben, über sechs Jahrzehnte hinweg, bis die eine spurlos verschwindet und die andere auf alles Gemeinsame zurückblickt, um hinter das Rätsel dieses Verschwindens zu kommen.
Im Neapel der fünfziger Jahre wachsen sie auf, in einem armen, überbordenden, volkstümlichen Viertel, derbes Fluchen auf den Straßen, Familien, die sich seit Generationen befehden, das Silvesterfeuerwerk artet in eine Schießerei aus. Hier gehen sie in die Schule, die unangepasste, draufgängerische Schustertochter Lila und die schüchterne, beflissene Elena, Tochter eines Pförtners, beide darum wetteifernd, besser zu sein als die andere. Bis Lilas Vater seine noch junge Tochter zwingt, dauerhaft in der Schusterei mitzuarbeiten, und Elena mit dem bohrenden Verdacht zurückbleibt, eine Gelegenheit zu nutzen, die eigentlich ihrer Freundin zugestanden hätte.
Ihre Wege trennen sich, die eine geht fort und studiert und wird Schriftstellerin, die andere wird Neapel nie verlassen, und trotzdem bleiben Elena und Lila sich nahe, sie begleiten einander durch erste Liebesaffären, Ehen, die Erfahrung von Mutterschaft, durch Jahre der Arbeit und Episoden politischer Bewusstwerdung, zwei eigensinnige, unnachgiebige Frauen, die sich nicht zuletzt gegen die Zumutungen einer brutalen, von Männern beherrschten Welt behaupten müssen.
Sie bleiben einander nahe, aber es ist stets eine zwiespältige Nähe: aus Befremden und Zuneigung, aus Rivalität und Innigkeit, aus Missgunst und etwas, das größer und stiller ist als Lieben. Liegt hier das Geheimnis von Lilas Verschwinden?
Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich nicht allein bin. Manchmal glaube ich, dass dieses Haus mich beobachtet. Etwas muss hier geschehen sein. Etwas Schreckliches.
Nach einem Schicksalsschlag braucht Jane dringend einen Neuanfang. Daher überlegt sie nicht lange, als sie die Möglichkeit bekommt, in ein hochmodernes Haus in einem schicken Londoner Viertel einzuziehen. Sie kann ihr Glück kaum fassen, als sie dann auch noch den charismatischen Besitzer und Architekten des Hauses kennenlernt. Er scheint sich zu ihr hingezogen zu fühlen. Doch bald erfährt Jane, dass ihre Vormieterin im Haus verstarb - und ihr erschreckend ähnlich sah. Als sie versucht, der Wahrheit auf den Grund zu gehen, erlebt sie unwissentlich das Gleiche wie die Frau vor ihr: Sie lebt und liebt wie sie. Sie vertraut den gleichen Menschen. Und sie nähert sich der gleichen Gefahr.
Die Grausamen, John Katzenbach
Eigentlich sollte es nur ein kurzer Weg sein. Wie immer. Unzählige Male schon ist die dreizehnjährige Tessa Gibson in dem noblen Vorort, in dem sie lebt, von ihrer besten Freundin nach Hause gelaufen. Doch in dieser Herbstnacht kommt sie dort nicht an, verschwindet spurlos, wie vom Erdboden verschluckt. Die Stadt ist schockiert, Angst breitet sich aus, Tessas Familie zerbricht - der Fall wird nie aufgeklärt.
Zwanzig Jahre später werden zwei abgehalfterte Ermittler auf den Fall angesetzt. Gabriel ("Gabe") ist Alkoholiker, traumatisiert von einer Familientragödie. Marta, eine ehemalige Drogenfahnderin, hat bei der Verfolgung eines Dealers versehentlich ihren Partner erschossen.
Die beiden stoßen auf eine bislang unentdeckte Spur: Kurz nach Tessas Verschwinden ereigneten sich vier brutale Morde an jungen Männern, und offenbar besteht eine Verbindung zwischen diesen Verbrechen. Bei ihren Nachforschungen wird schnell klar, dass die Polizeiführung keinerlei Interesse an der Wahrheit hat. Wer nachbohrt, spielt mit seinem Leben. Und das gilt nicht zuletzt für Gabe and Marta ...