Spannende Bücher - von Gitte Noelke gelesen und für lesenswert empfohlen. Damit du weißt um was geht, gibt es hier eine Buchbesprechung zu wirklich spannenden und interessanten Romanen:
Ein weiterer Thriller von Marc Elsberg den ich mit viel Freude gelesen habe. Ich war begeistert von Blackout, Zero und Helix und bin schon jetzt gespannt auf seinen neuesten Roman „Der Fall des Präsidenten“.
Aber jetzt zu Gier, einem extrem spannenden und eigentlich ziemlich realitätsnahem Thriller, der mich wie alle Romane von Marc Elsberg mal wieder zum Grübeln, Nachdenken und Recherchieren angeregt hat. Das ist es, was ich an seinen Geschichten so liebe, sie sorgen immer wieder dafür, dass ich anfange mich mit neuen Themen auseinanderzusetzen.
Diesmal geht es um Wettbewerb, den Antrieb der Gesellschaft zu immer höher, immer schnelle, immer weiter. Kommt uns bekannt vor, denn wir stecken schon mittendrin. Es geht um das Ungleichgewicht in der kapitalistischen Gesellschaft, das immer größer wird und für immer mehr Probleme sorgt. Und nein, ich bin kein Verfechter des Kommunismus, aber ich bin ein Idealist und hoffe so sehr, dass wir erkennen, dass es andere Möglichkeiten geben kann.
Vielleicht hat mich der Roman auch deswegen so angesprochen, aber das wiederum entscheiden sie lieber Leser selbst.
Zu Beginn der Geschichte befindet sich die Welt in einer gigantischen Wirtschaftskrise, die Menschen stehen auf und gehen auf die Straßen, weil sie nicht mehr gewillt sind die ungerechte Verteilung des Reichtums hinzunehmen – „Stoppt die Gier!“.
Der Nobelpreisträger Herbert Thompson hat eine Formel gefunden, die dafür sorgen kann, dass es Wohlstand für alle geben wird. Er soll bei einem Sondergipfel in Berlin darüber referieren. Aber – und das dürfte jetzt nicht überraschend sein – bevor es soweit ist, stirbt er und sein Begleiter bei einem Autounfall, dessen Zeuge Jan Wutte ein junger Pfleger wird. Was er sieht ist kein Unfall, sondern Mord. Als er nachsieht, ob er noch helfen kann, sagt Thompson ihm noch etwas, womit er nicht viel anfangen kann, was aber der Beginn einer spannenden und abenteuerlichen Jagd wird, einer Jagd auf Wutte und seine im Laufe der Geschichte sich zusammenfindenden Helfer, die bestrebt sind die Wahrheit aufzudecken und Thompsons Formel offen zu legen.
Im Laufe der Geschichte wird dem Leser nach und nach klar, welche Formel es ist, wie die wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Zusammenhänge aussehen und man wünscht sich tatsächlich, es möge wahr und möglich sein. Die Geschichte beinhaltet komplexe Fragestellungen aus Ökonomie und Wirtschaft, die aber so interessant aufbereitet sind, dass man sich ihnen nicht entziehen möchte. Der Leser erfährt sogar noch einiges über Spieltheorien und deren mathematische Grundlagen. Bei alledem werden wir – der Leser und Jan Wutte – von Killern verfolgt, die nur ein Ziel haben, den Mantel des Schweigens über das Wissen auszubreiten und den Reichtum der Reichen zu schützen und deren illegalen Machenschaften nicht auffliegen zu lassen. Die Geschichte entwickelt eine unglaubliche Dynamik, was dazu führt, dass man sie nicht aus Hand legen kann.
Die Frage, die sich stellt, kann es einen Kapitalismus geben, der gerechter und menschlicher ist. Denn eines ist klar: Ohne Wettbewerb geht es nicht, aber muss der Wettbewerb die Hauptrolle spielen oder erzeugt Kooperation höheres Wachstum als reiner Wettbewerb? Müssen wir Wirtschaft neu denken?
Spannende Fragen, die hier in einem Thriller mit Hintergrund betrachtet werden.
Eine wirklich explosive Lektüre mit viel interessanten und zukunftsweisenden Ideen. Fangen sie an zu lesen, sie werden es nicht bereuen.
Draussen von Michael Kobr und Volker Klüpfel
Wer kennt sie nicht die beiden Autoren der Kluftinger-Krimis. Wer hier allerdings einen gemütlichen, witzigen Allgäukrimi erwarten, der wird enttäuscht.
Wobei enttäuschend fand ich ihn ganz und gar nicht, den ersten Thriller des Autorenduos – ungewohnt vielleicht, aber gut gemacht und spannungsgeladen. Und die wichtigste Protagonistin hat so gar nichts mit dem gemütlichen Kluftinger gemeinsam.
Aber worum geht es denn nun? Cayenne (17) lebt mit ihrem jüngeren Bruder und dem „Vater“ Stephan in einem Wald in Brandenburg. Beide Jugendlichen haben nie eine Schule besucht, sind aber wahre Meister in Selbstverteidigung und kennen jede Überlebensstrategie in der Natur. Stephan verdient seinen Lebensunterhalt damit, „Prepper“ in Kursen zu unterrichten. Er bereitet sie auf den Katastrophenfall vor und das Überleben in der Natur. Die kleine Familie ist schon ihr ganzes Leben lang auf der Flucht, das wird dem Leser spätestens dann klar, als Cayenne überfallen und fast getötet wird. Wie allerdings der Lobbyist eines Energiekonzerns darin verwickelt ist und was der Mord an einem Verschwörungstheoretiker und Journalisten damit zu tun hat, wird erst im Laufe der Story klar. Doch wie passt die Fremdenlegion ins Bild?
Die Geschichte wird aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Cayenne und ihr Bruder erfahren die Hintergründe ihres Lebens auch erst Stück für Stück. Und der Leser lernt die Prepper-Szene* kennen, was wirklich interessant ist, vor allem für diejenigen von uns, die sich damit noch nie beschäftigt haben. Ich wusste nicht, dass es so viele gibt, die sich auf den Weltuntergang oder eine riesige Katastrophe vorbereiten.
Eine landesweite Katastrophe, der Kampf von Männern, die von Kameraden zu unerbittlichen Feinden werden und dazwischen das Leben zweier Teenager ist ein wirklich gelungener und spannender Plot.
Volker Klüpfel und Michael Kobr haben hier wirklich ein actiongeladenes Abenteuer geschaffen und sich weit aus ihrer Wohlfühlzone gewagt. Ich bin gespannt auf den nächsten Thriller der beiden. Für mich ein tolles Leseerlebnis.
*Prepper (abgeleitet von englisch to be prepared ‚bereit sein‘ bzw. dem Pfadfindergruß: englisch Be prepared ‚Sei bereit!, „Allzeit bereit“‘) bezeichnet Personen, die sich mittels individueller Maßnahmen auf jedwede Art von Katastrophe vorbereiten: durch Einlagerung bzw. eigenen Anbau von Lebensmittelvorräten, die Errichtung von Schutzbauten oder Schutzvorrichtungen an bestehenden Gebäuden, das Vorhalten von Schutzkleidung, Werkzeug, Funkgeräten, Waffen und anderem. Dabei ist es unwichtig, durch welches Ereignis oder wann eine Katastrophe ausgelöst wird.[1]
Prepper – Wikipedia
Ein Roman, den ich erst kürzlich gelesen habe und ich möchte fast sagen, mein Buch des Jahres 2020. Die Geschichte hat mich so sehr gefesselt und emotional angesprochen, wie ich es schon lange bei einem Buch nicht mehr erlebt habe. Ein tiefsinniger und unglaublich empathischer Roman, der in keiner Sekunde sentimental ist. Wer wundervolle und besondere Bücher liebt, ist hier richtig. Dieser Roman wird einen Platz im Regal meiner Lieblingsbücher bekommen.
In „Alte Sorten“ treffen zwei Frauen und zwei Leben aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten und gleichzeitig so viel gemeinsam haben. Beide sind Außenseiter, beide haben Verletzungen davon getragen und beide haben Schwierigkeiten zu vertrauen und eine Wand um sich aufgebaut– und doch entwickelt sich eine ganz besondere und wundervolle Freundschaft.
Sally fast 18 läuft aus der Klinik davon, in der sie wegen einer Essstörung gelandet ist. Sie erträgt es nicht mehr, dass jeder immerzu dieselben Fragen stellt, so tut als könne er verstehen, was sie fühlt und denkt und doch nicht wirklich ermessen kann, was sie tatsächlich braucht.
Liss, mehr als doppelt so alt, lebt in einem Dorf, bewirtschaftet ganz allein einen Hof und scheint nicht wirklich in die Dorfgemeinschaft eingebunden zu sein, obwohl sie dort aufgewachsen ist. Man hat immer das Gefühl, dass sie ihr Leben dort eigentlich nicht verbringen möchte und doch nicht weg kann. Sie ist eine verletzte Seele, die viel erlebt hat und deren Vergangenheit im Laufe der Geschichte ans Licht kommt.
Sally trifft auf ihrer Flucht auf Liss und diese nimmt sie mit auf den Hof um sie übernachten zu lassen. Doch Sally bleibt und hilft Liss bei allen Arbeiten. Ganz langsam nähern sich die beiden einander an. Liss stellt keine Fragen und bindet sie in die Tätigkeiten ein. Sie schreibt ihr nichts vor und lässt sie sein, wie sie ist, auch als sie ihre Narben auf den Armen sieht. Auch Sally respektiert die Wortkargheit von Liss und spürt, dass auch sie eine Geschichte hat über die sie nicht sprechen will.
Bei der Arbeit entsteht Nähe und die Nähe befreit die beiden, da keine von ihnen Erwartungen an die andere hat. Ewald Arenz erzählt ganz behutsam und vorsichtig die Entstehung einer Freundschaft, die immer wieder von einer der beiden fast schon torpediert wird. Der Leser darf Liss und Sally auf ihrem Weg ins Leben zurück begleiten, erlebt ihre Rückschläge mit und hofft, lacht und weint mit ihnen. Sechs Wochen lang begleite man sie, auch als die beiden sich erstmal voneinander trennen müssen, weil Sallys Eltern sie finden und ihr den Umgang mit Liss verbieten.
Doch Sally wird erwachsen und eigenständig und findet einen Weg zurück. Und Liss merkt, dass das Leben doch noch Einiges für sie bereithält.
Die Sprache ist auf die Charaktere zugeschnitten, was das Leseerlebnis noch steigert. Knapp, spröde, unspektakulär für Liss und jugendlich, rotzig und frech für Sally.
Ein Roman voller Wärme, der einen manchmal glauben lässt man wäre live dabei – im Garten bei der Birnenernte oder im Wald beim Bäume fällen. Ich habe beim Lesen Lust bekommen selbst auf den Traktor zu steigen und ernten zu gehen. Manchmal glaubte ich fast die Gerüche wahrzunehmen.
Es gibt Bücher bei denen werde ich traurig, wenn sie zu Ende gehen.“ Alte Sorten“ gehört dazu. Ich wünsche allen ein ebenso wundervolles Leseerlebnis wie ich es hatte.